»Im Netz der Trümmer« dokumentiert die Spurensuche der Industrialisierung des Alls und macht auf die Umweltverschmutzung durch die Weltrauminfrastruktur am Nachthimmel aufmerksam. Nur knapp 400 km hoch über unseren Köpfen fängt der Schrottplatz für verbrauchte Raketenantriebe und defekte Satelliten an. Mit jedem Start einer Rakete gelangt neuer Müll in den Weltraum und kann die Wahrscheinlichkeit zukünftiger Kollisionen mit teuren, aktiven Satelliten oder defekten Objekten erhöhen und eine Kollisionskettenreaktion auslösen. Moderne und komplexe Satelliten sind aus unserem irdischen, immer digitaler werdenden Alltag nicht mehr wegzudenken.
Der Großteil von dem, was von der Erde aus ins All geschossen wird, findet den Weg nicht mehr zurück – demnach umkreisen 2242 ausgediente Raketenstufen, 3012 defekte Satelliten und rund 130 Millionen Trümmerteile in verschiedenen Umlaufbahnen die Erde. Seit 1957 wurden 6223 Raketenstarts durchgeführt. 11 285 Satelliten ins All befördert. Mehr als 9400 Tonnen gefährlicher Weltraumschrott befindet sich derzeit im Orbit. Mit Geschwindigkeiten von 11 000 bis 30 000 Kilometer pro Stunde. Ein Ausfall dieses komplexen Satellitennetzwerks durch Kollisionen mit Weltraumschrott würde für den Menschen schwerwiegende und weitreichende Folgen haben und könnte die irdische Zivilisation sogar in die 70er-Jahre zurückwerfen.

Zusammengefasst bedeutet das, unser modernes und hochtechnologisches Leben wird von einer Wolke aus Weltraumschrott, die uns umgibt, bedroht. Kleine helle, sich langsam bewegende Lichtpunkte ziehen zu Tausenden hoch über unseren Köpfen ihre zahlreichen Runden und verändern schleichend den Charakter des Nachthimmels und ordnen ihn neu. Mithilfe der Fotografie und dem Einsatz von Langzeitbelichtungen bilden sie ein riesiges Leuchtnetz, ein Netz aus menschlichen Hinterlassenschaften, die dazu beitragen, dass die Menschen immer mehr die Verbindung zu unserem mitunter wichtigsten Kulturgut, dem Himmel, verlieren. Das Problem der Umweltverschmutzung durch Weltraumschrott und Lichtverschmutzung muss stärker für die Allgemeinheit sichtbar gemacht werden und dieses komplexe politisch- und gesellschaftsrelevante Thema mit seiner Ernsthaftigkeit Gehör finden. Dafür eignet sich die Fotografie am besten, da diese eine zugängliche Schnittstelle zwischen Wissenschaft und künstlerische Arbeit schafft.

Diese Arbeit lädt dazu ein, sich anhand der Fotografien und dem dazugehörigen Logbuch, in dem zusätzlich relevante technische Daten festgehalten sind, ein eigenes Bild über die Lage am Himmel zu verschaffen und sich selbst auf Spurensuche der Industrialisierung des Weltraums zu begeben.

Die Zukunft liegt im All.

Die gefährlichen Raumfahrthinterlassenschaften sollten zum Nachdenken anregen. Doch mehr als ein fader Beigeschmack der Hilflosigkeit bleibt nicht. Der Nachthimmel wird immer mehr zu einer umkämpften Ressource und es bleibt nur zuzusehen, wie dieser seine ursprüngliche Form verliert. Jeder Blick in den Himmel ist auch ein Blick in die Vergangenheit, der zeigt, wie die natürlichen Objekte, wie Sterne und Planeten, einst waren, da deren Licht über Jahre zur Erde unterwegs ist. Doch jeder zweite Blick ist auch ein Blick in die Zukunft und zeigt, wie der Weltraum industrialisiert wird und wie das engmaschige Netz aus Trümmerteilen immer größer wird.

Faszination und Melancholie.

Begeisterung und Traurigkeit.

Fortschritt und Skepsis.

Es bleibt eine stille Beobachtung.